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Gameblog #006: Tutorial?!

 

Was? Ein Tutorial? Och nee!

 

Tutorials sind… seltsam. (Fast) jedes Spiel hat sie, (fast) jedes Spiel braucht sie - und doch will (fast) kein Spieler ein Tutorial spielen. Tutorials sind langweilig: Dem Spieler wird alles vorgekaut und oftmals wird er sogar zu bestimmten Handlungen gezwungen. Guck mal, so läufst du. Gut gemacht! Jetzt schlag zu. Wie, du willst springen? Geht erst später! 

Da wird einem jeglicher Spielraum genommen. So sieht ein Tutorial aus. Oder?!

 

Nee. Das ist nur der schlechte Ruf, der das Tutorial hat. Was die Schwierigkeiten beim Erstellen eines Tutorials sind und wie wir diese bei Rugons Tutorial lösen wollen, erfahrt ihr hier.

Tobias "Cervos" Wildenblanck, Game-Design

 

 

 

Der Kampf

 

Wie oben schon beschrieben, leiden Tutorials unter einem schlechten Ruf. Das hat natürlich auch seine Gründe. Das liegt daran, dass man als Game Developer eine schwierige Gratwanderung zwischen zwei Extremen macht - Handholding und Learning by Doing - und die bekommt eben nicht jeder hin. 

Du kannst aber auch nicht eines weglassen. Wenn du dem Spieler am Anfang deine wichtigsten Regeln nicht beibringst, wird er im Spiel nicht weit kommen. Aber man will ja, dass das eigene Spiel gespielt wird.

Wenn du dem Spieler jetzt aber alles vorkaust, dann verliert er schnell das interesse, weil er sich unterfordert fühlt (und wahrscheinlich auch in seiner Intelligenz beleidigt).

Und das Dilemma: Bei jedem Spieler sind die Grenzen anders. Der eine braucht kaum Handholding und will alles selbst herausfinden, sobald er weiß welche Tasten Angreifen und Ausweichen sind. Der andere Spieler will am Besten noch alle wichtigen taktischen Manöver lernen, bevor er das Spiel beginnt. Und die anderen Spieler liegen irgendwo dazwischen. Mist.

 

Daraus ergibt sich eine weitere Problematik: Das Engagement. Wenn der Spieler das Spiel nicht versteht, ist er frustriert; wenn er es schon längst verstanden hat aber nicht anfangen darf, ist er gelangweilt. In beiden Fällen hört er auf zu spielen. Wie sichert man nun sein Tutorial gegen beides ab? Wie sorgt man dafür, dass es ausreichend lang und detailliert für die langsamen Spieler ist, aber die schnellen Spieler trotzdem noch engaged bleiben? Na, da haben wir uns ja was vorgenommen.

 

Das andere Problem entsteht aus der besonderen Situation, in der sich Rugon befindet. Wir sind nicht das erste Sammelkartenspiel auf dem Markt - im Gegenteil, das Genre ist so groß und beliebt, dass sich bereits einige Klischees als Standard gefestigt haben. Es hat sich eine Denkweise entwickelt, die alle Kartenspiele gemeinsam haben. Und Rugon bricht mit manchen Genre-Standards. Das Verhalten der Karten im Kampf, zum Beispiel. Stichwort Ausdauer: Der Spieler kennt Angriff und Leben als zwei Werte. Bei Rugon sind sie allerdings ein Wert! Da muss der Spieler nicht nur das Verhalten neu lernen, er muss auch seine alte Denkweise vergessen. Und das passiert nicht einfach so.

 

 

Die Strategie 

 

Jetzt haben wir also drei  Kernprobleme, die wir lösen müssen. Wie lautet unsere Strategie?

Zunächst die Frage, wie viel Handholding eingebaut wird und wie viel der Spieler selbst herausfinden muss. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass unser Spieler klug ist und die Regeln und Zusammenhänge durch Spielen erkennt. Aber um dies zu ermöglichen, muss eine solide Basis geschaffen werden. Das bedeutet: Die Grundlagen werden erklärt. Mechaniken, die man alleine durch Beobachten missverstehen oder gar nicht verstehen kann, werden erklärt. Alles andere findet der Spieler durchs Spielen heraus. Damit dieses Learning by Doing auch gut funktioniert, sind die Spielsituationen darauf ausgelegt, die beizubringende Mechanik deutlich hervorzuheben. Wenn er beispielsweise das Unterstützen lernen soll, hat er einen Soldaten (4 Ausdauer) auf dem Feld und spielt gegen einen Gladiatoren (6 Ausdauer), damit der Vorteil von Unterstützung deutlich wird. Wir glauben, auf diese Art und Weise einen vernünftigen Mittelweg zwischen beiden Extremen gefunden zu haben. 

 

Zweite Frage: Das Engagement-Problem. Unsere Lösung: Wenn der Spieler beweist, dass er die Mechanik verstanden hat, kommt er schneller voran. Grundsätzlich kann der Spieler nur verlieren, wenn er eine Mechanik nicht verwendet (zB nicht unterstützt) oder gar nicht spielt. Je schneller er das, was er lernen soll, versteht und richtig anwendet, desto besser kommt er ins Spiel und desto leichter fällt es ihm, den Gegner zu besiegen. So demonstriert er, dass er das Spiel verstanden hat. Mit andern Worten: Wer besser spielt, ist schneller fertig. 

 

Und nun zum Verlernen von Genre-Standards, die bei Rugon nicht zutreffen. Fun Fact: Hier haben neue Spieler (ausnahmsweise) einen Vorteil gegenüber Genre-Kennern, da sie nicht “vorbelastet” sind. Ein seltener Fall! Aber gut, zurück zur Frage, wie wir das Problem lösen. 

Die Antwort lautet: Handholding. Ihr habt richtig gehört. Unser Plan: Wir zeigen den Spielern am Anfang der Mission, wie es bei uns funktioniert, dann erklären wir es ausführlich und dann haben die Spieler den Rest der Mission Zeit, es zu lernen. Jep, eine ganze Mission dafür. Damit sie es auch wirklich verstehen. Manche Dinge muss man eben erklären. Und wie bereits geschrieben: Der Spieler lernt die Grundlagen durch Handholding. Und gerade für die Mechaniken, die anders als gewohnt sind, müssen wir uns die Zeit nehmen. 

 

 

Das Konzept

 

Wie überträgt sich das oben beschriebene nun in das tatsächliche Tutorial?

Zunächst planen wir wenige, kurze Missionen. Dem Engagement wegen. Am Ende sind es vier Missionen geworden. In den Missionen lernen wir:

 

Mission 1: Die Basics (Leben, Level, Kreaturen spielen, kämpfen)

Mission 2: Ressourcen (Spirit, Supporten, Zauber nutzen)

Mission 3: Taktiken (Befestigungen, Effekte)

Mission 4: Der Test (Beweise, dass du auch alleine klar kommst)

 

Jede Mission geht durchschnittlich 5 bis 7 Minuten. Je nachdem, wie schnell der Spieler ist, können diese Zeiten auch abweichen. Insgesamt ist also eine Lernzeit von 20-30 Minuten eingeplant, bevor das Spiel (endlich) losgehen kann.

Damit seid ihr dann hoffentlich ausreichend vorbereitet, um gegen andere Spieler bestehen zu können. 

 

 

Das Ende vom Lied

 

Was bleibt noch zu sagen? Ich hoffe, dieser (nicht ganz so) kurze Einblick in die Entscheidungen bezüglich Rugons Tutorial hat euch gefallen. 

Wie? Wann das Tutorial ins Spiel gepacht wird? Darf ich nicht sagen, ärztliche Schweigepflicht. Also, Befehl von ganz oben. Könnte ja sein, dass wir wieder einen Patch versprechen, der fünf Monate zu spät kommt. #Alpha

 

Alsdann, jetzt ist aber Schluss. Lasst mir Euer Feedback da und spielt schön fleißig Rugon!

Tobi, Over and Out